Samstag, 12. November 2022

Heimat und Zuhause

 Sind doch das Gleiche! Nein, zumindest nicht für mich. 

Das ist mir gestern wieder sehr klar geworden. Wahrscheinlich ist es schwer zu verstehen, denn es gibt für mich das Heimweh obwohl hier mein Zuhause ist und ich mir, solange wir arbeiten müssen, keinen anderen Ort zum Leben vorstellen kann. Ja, solange wir arbeiten müssen, denn mit der Rente sind wir dann unabhängig vom Ort. Aber bis dahin sind es noch einige Jahre, zumindest für mich. 

Heimat ist mehr als der Ort wo ich lebe, es ist der Ort nach dem ich Sehnsucht habe, Sehnsucht, die wenn ich nicht hin und wieder dort bin, mich auffrisst. Aus dem Gleichgewicht bringt. Am 11.11. schmerzt es dann umso mehr, wenn wir lange Zeit nicht in der Heimat waren. Mit vielen unschönen Situationen in den letzten Wochen war mein Gleichgewicht sowieso schon am Schwanken. Gestern mittag, als ich nach hause kam, saß der Mann an seinem Schreibtisch, arbeitete, schaute die Eröffnung auf dem Alter Markt und passend zu meiner Stimmung lief "Heimat es" von den Paveiern, wir schauten uns an und es liefen die Tränen. 

Ein ganz altes Gefühl kam wieder hoch, damals war ich 13, wurde aus meiner ersten Heimat umgepflanzt, in eine andere kulturelle Umgebung. Vergleichbar mit der Umpflanzung von jemandem, der im tiefsten Bayern lebt und nach Ostfriesland gegen seinen Willen umgepflanzt wird. Obwohl zu diesem Zeitpunkt schon wissend, dass ich damit keinen Erfolg haben werde, verweigerte ich alles, denn ich wollte "nach Hause". Ein knappes Jahr hielt ich durch, aber ohne Erfolg. So wurde das Rheinland zu meiner neuen Heimat, meinem Ankerpunkt. Egal wo es mich die nächsten 15 Jahre hin verschlagen hatte, sobald ich längere Zeit die große Kapelle am Bahnhof aus den Augen verlor, kam das Heimweh auf und es zog  mich zurück. Vielleicht mache ich mal eine Liste mit den Umzügen und den Kilometern, es waren einige tausende. 

Und heute, etwas mehr als 6 Jahre nach unserer gemeinsamen Entscheidung den Wohnort in den Norden zu verlagern, können wir von der wirtschaftlichen Situation und unserem Umfeld durchaus zufrieden sein, das war der eigentliche Grund umzuziehen, die Arbeit. Auch der soziale Aspekt, die neuen Menschen im Umfeld passen, aber zwischendurch, hören wir ein Lied und dann rollen die Tränen und wir halten uns aneinander fest. 

Es wird Zeit, wir müssen in die Stadt mit K. zurück, Nein nicht dauerhaft, das können wir zwei uns auch nicht vorstellen, aber dieses Jahr noch ein Wochenende nur wir zwei. Heimlich, still und leise ohne dortige Verpflichtungen. Durch die kleinen Gassen bummeln, hier und da einen Kaffee trinken, etwas essen gehen, am Wasser sitzen und den Schiffen zuschauen, die kleine Kapelle im Rücken, ein Licht in ihr anzünden und zur Ruhe kommen in dieser lauten, schönen, teilweise dreckigen Stadt, dieser Stadt mit K, die so viel mehr für mich und den Mann ist, als ich Worte dafür habe.

 Heimweh ist eine so tiefe Sehnsucht nach einer Umgebung und den dortigen Menschen und Bräuchen, die wohl niemand nachvollziehen kann, wenn er sie nicht kennt. Dieser Schmerz raubt mit der Zeit alles, wenn man ihn nicht stillt egal, wie alt man ist und wie rational. Und das wo wir beide miteinander hier glücklich sind, im Zuhause. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen