Sonntag, 20. März 2022

Szenen

 1)

"Seit über zwei Jahren gibt es keine Freude mehr und wir hatten keinen Spaß im Leben, zu keiner Zeit" 

Sagt D am Telefon zu mir. Kurz zuvor hat sie mir nachträglich nochmal zum Geburtstag gratuliert und dann kamen wir über Hölzchen und Stöckchen eben auch auf Corona und nun den Krieg in der Ukraine. 

Ihre absolute Aussage erschreckt mich und ich frage sie, ob sie es wirklich so meint, die Antwort ist ja. Mein Hinterfragen, immerhin kennen wir uns, haben gemeinsam mit Kind und Kegel - wie ich dachte freudige, entspannte Zeit verbracht - wird beantwortet mit "kurze Momente Abschalten sind doch kein Spaß am Leben und Freude". 

Ich versuche zu verstehen und bekomme Antworten wie "Corona hat alles zerstört...", "ob in der Ukraine wirklich Bomben fallen, kann doch hier gar niemand wissen, die Bilder sind ja nicht überprüfbar", "ich hab die Nase voll und schaue schon seit Monaten keine Nachrichten mehr", "das wir an die Ukraine Waffen liefern bedeutet nur, dass es länger dauert bis Putin gewinnt und was ist das für ein Klimaschutz, der ja jetzt sowieso wieder hintenüberfällt", "man bekommt doch sowieso keine Informationen und Corona gibt es in den Medien jetzt auch nicht mehr nur noch den angeblichen Krieg", "die USA ist für diesen Krieg verantwortlich und wir Deutschen hängen dazwischen, dem Biden ist es doch egal wenn hier Krieg ist und wir nichts mehr zu essen haben und nicht mehr tanken können"... 

Ich werde im Telefonat immer stiller, zwischendurch bleibt mir die Luft weg, Aussagen die voneinander unabhängige Inhalte haben, aber als Tatsachen hingestellt werden - so viel durcheinander und ich merke, dass ich nicht ruhig und entspannt bleiben kann, wenn mir jemand den ich mag, all das mit Wut und Aggression entgegen wirft um dann mit "und du machst auch Politik, Politiker verarschen uns doch alle" seinen verbalen Ausbruch  zu beenden. 

Ich mache immer noch keine Politik, auch wenn ich aktives Mitglied in einer Partei bin, aber das nur am Rand. Ich komme über dieses Telefonat noch nicht weg. Frage mich was davon "Kern" und "Überladung" war. Es wird sich rausstellen oder auch nicht. 

2)

Ich hatte Corona und bin seit etwas über einer Woche "freigetestet" aber das ich keine Nachwehen habe oder gar fit wäre, ist weit weg. Der Mann hat eine knappe Woche später dann auch den Test positiv. Erholt sich schneller, aber er ist ja auch noch 7 Monate vom Risikoalter entfernt. Ich bin froh, dass wir beide geboostert sind, besonders im Hinblick auf die chronischen Erkrankungen. Immerhin habe ich eine kurze Zeit erlebt, was es bedeutet, wenn die Luft nicht mehr ausreichend in den Lungen ankommt - ein Vorgeschmack auf das, was mir letztlich blühen wird, wenn ich nicht durch irgendwas anderes als den Grundbegleiter, abdanken werde. 

Das ich mir zusätzlich noch im Anschluss eine fette Erkältung eingefangen habe, macht es nicht besser, aber auch nicht wirklich schlimmer. 

3) 

Wie kann ich helfen. Durch die Quarantäne war die Möglichkeit die Wohnung zu teilen nicht gegeben. Nun stellt sich die Frage ob der Vermieter zustimmen würde und dann stellt sich die Frage: Können wir das und würde so weit draußen für max. 2 Personen das Angebot überhaupt sinnvoll sein? Was wäre wenn wir ein Kind aufnehmen? Und dann kommt der Gedanke an etwas das eigentlich abgeschlossen sein soll und nach einem langen Gespräch steht fest, dass wir bei Bedarf die Türen für Angehörige / Freunde / Bekannte von L aufmachen werden, aber ansonsten unsere Hilfe auf andere Unterstützungen basieren. So ist die Möglichkeit der Hilfe größer und letztlich auch für mich sicherer. Was nützt es, wenn ich dadurch wieder in den Teufelskreis falle? Dennoch fühle ich mich nicht gut dabei, weil mein Herz gerne so viel mehr helfen möchte. 

4)

Das Tier ist mit den Mitteln gut abgedeckt. Sind sie etwas zu spät drin, zeigt sich, dass er sie braucht. Die Qualität ist noch hoch und doch machen wir uns nichts vor, von jetzt auf gleich kann es vorbei sein. Wie bei jedem von uns. Dennoch ist es anders, wenn man es tagtäglich vor sich hat. 

5)

Der Rückblick auf die letzten 2 Jahre ist für uns auch wenn drumrum einiges scheiße war, in der Summe wunderschön. Vielleicht ist es blauäugig oder auch ein Geschenk, dass bei uns das Glas halbvoll ist anstatt halbleer. 

6) 

Der Frühling ist da. Das erste Nest an einer für uns sehr unpraktischen Stelle wurde gebaut. Es hat ein Schlupfloch und wir werden nun bis zum Auszug der Kleinen wohl wenig an Geräten aus dem Gartenhaus holen können. Aber wir freuen uns über diesen Untermieter, ebenso wie über seine Nachbarn draußen in den Büschen und Bäumen. 

7) 

Und dann ist da der Moment wo die Frage auftaucht ob die Genetik doch Macht hat. Um dies niemals herauszufinden, werde ich weiterhin die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen treffen. Manchmal fühlt es sich an, als würde nur ein Moment der Schwäche reichen damit Mrs. Hyde freikommt. All das kostet sicher mehr Kraft als ich mir zugestehen will und doch kann ich liebevoll leben. 

8) 

Keine Wünsche an das Universum, das ist derzeit mit anderen Arbeiten beschäftigt. Dankbarkeit für all das was ich hier habe, für den Mann und die Menschen, die uns begleiten und dafür, dass wir uns haben. Das ist das Wesentliche und alles andere sind Szenen aus denen wir eventuell etwas mitnehmen oder sie vergessen, weil sie in die Kategorie SchleFaZ gehören. 

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