Sonntag, 1. September 2013

Diagnosen

Wir kennen uns jetzt seit vielen Jahren. Mal ist der Kontakt sehr eng, dann wieder hören wir lange Zeit nichts voneinander um dann dort anzuknüpfen wo wir das letzte mal aufgehört haben.

Wir wissen alles voneinander. Kennen das Leben und alles was damit zusammen hängt, sie von mir, ich von ihr.

Bei unserem letzten Treffen sprachen wir über ihre weit zurückliegende Vergangenheit. Irgendwas musste wohl raus und ich hörte zu.

Schizophrene Depressionen, Posttraumatische Belastungsstörungen, mittelgradige Depressionen und schwere Depressionen und damit verbunden Suizid Gefährdung  wurden ihr in den letzten 20 Jahren von unterschiedlichen Therapeuten attestiert.  Ich nehme sie wahr, sehe sie, und frage mich als sie erzählt, ob man sie bisher nur nie richtig erkannt hat?

Ist sie vielleicht auch ein System, das in den Situationen, in denen es Hilfe bei den Therapeuten annimmt nur sehr gut ein Außen vorweisen kann? Ich kenne sie so unterschiedlich, so vielfältig und oft macht es den Anschein, dass sie gar nicht weiß wovon ihr erzählt wird, wenn es mal wieder besonders ausgelassen in den vorherigen Tagen war oder aber sehr schwer.

Ich mag sie, komme mit all ihren Facetten klar, aber ihre Umwelt, besonders im Beruf sieht sie nicht so. Immer wieder kommt es zu Schwierigkeiten, immer wieder ist sie am Boden zerstört, weil man ihr nachsagt sie sei hin und wieder ganz anders und dann könnte man denken sie habe eine eineiige Zwillingsschwester. Ist sie doch schizophren?

Aber was würde diese Diagnose ändern? Würde sie etwas ändern?

Sie lacht, als ich sie frage ob sie immer noch eine Therapie in Anspruch nimmt und antwortet "Was sie da soll? Die Therapeuten die sie bisher getroffen habe, wären alle labiler als sie und würden doch nur leiden, wenn sie ihnen von der Vergangenheit erzählt. Was sie nicht gebrauchen kann sind Menschen, die für sie mitleiden oder mehrleiden - es geht nicht um leiden."

5 Minuten nach diesem Gespräch sitzen wir in einer Eisdiele, unterhalten uns über ganz andere Themen und ich habe das Gefühl ein junges Mädchen sitzt vor mir, erzählt mir von ihrer ersten großen Liebe und albert, nichts ist mehr zu sehen von der Frau, die vorhin noch so verletzt von Dingen berichtet hat, die so lange zurück liegen und die sie bis ins Detail erzählt, als seien sie vor 10 Minuten passiert.

Ja vielleicht ist es Küchenpsychologie aber mit ihrer Vergangenheit wäre es wohl wahrscheinlich, dass die Lösung darin liegt, dass sich diese Therapeuten aufgrund von fehlender Erfahrung in der Thematik getäuscht haben. Aber würde ihr eine andere Therapieform und ein erkennen ihrer Persönlichkeit weiterhelfen?

Immer wieder habe ich den Eindruck, dass sie unglücklich ist und nach etwas sucht das nur sie finden kann und dann wieder denke ich, ich spinne, so ausgeglichen und ruhig, stark und umschauend wie sie ist. Wahrscheinlich sind es nur bunte Facetten ihrer Persönlichkeit...



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen