Freitag, 6. März 2015

Es kümmert fast jeden (vorsicht Triggergefahr)

und doch ist es übermorgen wieder vergessen, das waren meine Gedanken zum Thema des Herrn, dessen Namen ich hier nicht nennen werde. Er ist aufgrund der Aufhebung der Anklage ja bis gestern sowieso noch überall zu lesen gewesen.

Dieses Thema soll nicht totgeschwiegen werden, aber die Stammtischparolen stimmen mich nachdenklich. Man hört  "hängt ihn höher" u. a. , schon bei einem Verdacht, noch bevor die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit wirklich komplett getan hat oder die Staatsanwaltschaft, die Klage, aufgrund von ermittelten Fakten, erheben kann.

Da schreit der in der Moral betroffene Teil der Gesellschaft nach hohen Strafen, ist nicht gewillt zu warten bis wirkliche Fakten auf den Tisch kommen und die Medien, sie füttern die Erwartungen der Nutzer mit kleinen, teilweise angeblichen Details und schüren das Feuer.

Das der sogenannte Anfangsverdacht anscheinend nicht ausgereicht hat und man sich von Seiten der Staatsanwaltschaft auf diesen, in der Sicht der sich äußernden Mehrheit, auf einen Kuhhandel eingelassen hat, macht es nicht besser.

Dieser Mensch ist kein Sympathieträger und mit seinen Äußerungen hat er sich, auch in meinen Augen, ganz klar als "P******il*geoutet und mindestens eine Zwangstherapie wäre auch als Auflage, neben einer empfindlichen Geldstrafe, möglich gewesen - aber so ist es nun mal nicht.

Was mich aber noch sehr viel mehr bei dieser Thematik beschäftigt, ist der Umgang der Gesellschaft mit den Anteilen, die solche oder ähnliche Machenschaften überlebt haben und als Opfer stigmatisiert werden.

Diese Kinder werden nicht als Überlebende und ganze Menschen wahrgenommen, äußern sie sich und versuchen sie sich von diesem Erlebten zu befreien, werden sie immer wieder in die Opferrolle gedrückt. Oftmals erfahren sie zunächst gar keine Hilfe. Das Umfeld, besonders dann wenn es sich bei den Tätern eben nicht um den "schwarzen fremden Mann" sondern um nahe Angehörige handelt, kann oder möchte nicht wahrhaben, das es eben direkt nebenan passiert und die heile Welt gar nicht so heil ist.

Schaut man sich unterschiedliche Statistiken an, wird von jeder 10. Person als Betroffen gesprochen, Dunkelziffer e. V. spricht von max. 25% Fremdtätern, andere Stellen noch von weniger und manchmal glaube ich, dass genau diese Tatsachen dafür verantwortlich sind, dass sich die Mehrheit der Gesellschaft eben genau dann äußert, wenn in der Ferne, durch die Medien, eine Sau durchs Dorf getrieben wird. Das ist so weit weg und sowas gibt es nicht in der Nähe.

Aber so ist es nicht.

Ich wünsche mir, dass sich die Blicke mehr auf die Nähe richten, das Eltern, Mütter wie Väter, denn auch wenn es gerne nur als männliche Tat gesehen wird, werden auch Frauen zu Tätern, dass sie sehr viel aufmerksamer für ihre Kinder werden, genau hinschauen, zuhören und ihren Kindern Glauben schenken. Das Angehörige, Freunde und Lehrer genauer hinschauen und Kindern zeigen, dass sie selbstbestimmt leben dürfen.

Ich wünsche mir, dass Überlebende als Überlebende, als starke Menschen wahrgenommen werden, die sicher einen schweren Weg gegangen sind, aber diesen Weg nur deswegen geschafft haben, weil ihre Psyche stark genug dazu war. Ich wünsche mir, das man sie nicht mehr als Opfer behandelt sondern als Überlebende und das sie, dann wenn sie sich Hilfe suchen und einen Einbruch in Beruf und Leben haben, nicht als Irre abgestempelt werden und ihnen jede Hilfestellung ermöglicht wird..

Sie waren Opfer aber sie haben das gleiche Recht, wie jeder andere auch. Ich wünsche mir, dass Überlebende als Menschen, die die Chance verdient haben ihre traumatischen Erlebnisse in ihrer Geschwindigkeit zu verarbeiten um dann irgendwann ein selbstbestimmtes Leben ohne Angst zu leben, wahrgenommen und behandelt werden.

Aber von der Erfüllung dieser Wünsche ist unsere Gesellschaft noch weit weg, denn gestern war es noch dieser Fall und in spätestens einer Woche ist das Thema vom medialen Tisch und somit auch bei den meisten Menschen aus dem Kopf. Sie schauen wieder weg und begegnen sie dann einem Überlebenden, wird geschimpft und nach hohen Strafen gefordert. Aber was die Überlebenden, ehemaligen Opfer möchten, was ihre Bedürfnisse sind, danach fragt niemand. Da wird entschieden was sie zu haben wollen und schon schreit wieder jemand "hängt ihn höher".... 


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