Donnerstag, 9. Mai 2013

Ich werde sicher in der Hölle enden

Sein Beitrag, hat mich gerade daran erinnert, dass ich wohl schon mit gerade 19 den Grundstein dafür gelegt habe, dass ich in der Hölle enden werde.

Ich war etwas über 19, arbeitete in einer katholischen Jugendbildungsstätte als Seminarleiterin für Schulklassen 1.-12. Klasse, die zu den Orientierungstagen bei uns aufschlugen. Seit ich 13 war, besuchte ich das Haus regelmäßig und es war recht früh klar, dass ich mindestens ein Jahr dort als "amtliche" arbeiten wollte.

Die Jüngeren bekamen Kursangebote wie "Liebe, Sexualität", "Mich mit den Augen anderer sehen", "Kreativ sein", "Autogene Mediatation", "Wer ist Gott" usw.

Welche Kurse ich anbot überlasse ich mal Eurer Fantasie und spielt hier eigentlich ja auch keine Rolle. Die Jugendbildungsstätte war an ein Kloster angeschlossen. Die Brüder arbeiteten zum großen Teil in der Jugendbildung mit und die, die dem Orden beitreten wollten sowieso. Novizen. Teilweise kurz vor der Weihe und teilweise gerade erst aufgeschlagen und noch absolut in der Orientierung.

Nennen wir ihn Andy. Andy war schon, drei Jahre vor seinem Noviziat regelmäßig vor Ort. Ein gut aussehender, athletischer, Mann der mit 25 für sich den Weg als Priester sah. Wir haben uns vom ersten Tag an gut verstanden. Ich gerade mal 16 fand ihn einfach wahnsinnig toll. Er gab mir das Gefühl ein Mensch zu sein der einfach sein darf, nie kam irgendetwas sexuelles zwischen uns auf. Wir verbrachten Nächte lang mit tiefgehenden Gesprächen über unsere Kursteilnehmer, Gott, die Zukunft und die Welt.  Führten Kurse zusammen und obwohl ich die jüngere war lernte er bei mir einige Techniken, die er später alleine in Kursen weiter gab.

Im Frühjahr 1992 trat Andy dem Orden als Novize bei. Ab da waren unsere Kontakte zumindest Abends eingeschränkt, denn nach dem letzten Gebet mussten die Novizen unter sich bleiben. Wir hatten dennoch immer noch viel Kontakt und zwischendurch, wenn ich frei hatte kam er bei mir im Dorf in meiner Wohnung vorbei. Wir waren sehr gut befreundet. Er erzählte von seinen Schwierigkeiten, Bedenken, der Hoffnung an seinen Glauben und bis heute ist er der einzige Mensch, der alles von mir über die Jahre 1974-1995 weiß.

Auch das Jahr verging. Er verlängerte sein Noviziat um weiter in der Jugendbildungsstätte bleiben zu können. In der Sommerferienfreizeit, bei der ein Teil der Jugendlichen auf dem Gelände zelteten saßen wir lange am Lagerfeuer. Tranken Wein, er spielte Gitarre, das Lagerfeuer brannte und irgendwann mitten in der Nacht waren alle Kids in ihren Zelten verschwunden. Wir saßen nebeneinander, redeten, rauchten, tranken. Mir war kalt, aber ich wollte nicht weg, ich zog die Decke enger um mich und er meinte komm her ich halt Dich warm. Ich rutschte zu ihm und er legte den Arm um mich. Ich lehnte den Kopf an und er erzählte weiter. Das er im Herbst seine Priesterweihe hat, das er immer noch zweifelt und das wohl auch bis zum letzten Tag wird.

"Schade um so einen Mann, das er der Frauenwelt entzogen wird" - es rutschte raus, wie so oft waren die Lippen schneller als das Gehirn. Er stand langsam auf, stellte sich vor mich, zog mich hoch und umarmte mich. Er griff meine Hand, ohne ein Wort und ging langsam mit mir zum Nebenhaus. Für die Zeit des Lagers hatte ich dort mein Zimmer. Ich schloß auf und als die Tür hinter uns geschlossen war...

Am nächsten Morgen wurde ich in seinem Arm wach, er streichelte mich und gab mir einen langen Kuss. "Sag nichts", kam von ihm. Ich nickte, zog mich an, musste mich beeilen um beim Frühstück zu helfen. Er war auch schnell angezogen und verschwand zu seinem Dienst.

Drei Wochen nach der Ferienfreizeit verließ er das Noviziat. Wir hatten noch bis 1995 engen Kontakt, haben aber nie wieder eine Nacht miteinander verbracht. Heute ist er verheiratet und hat zwei Jungs, arbeitet als Sozialarbeiter mit kriminellen Kids und es geht ihm gut. Manchmal meldet er sich und ich freue mich jedesmal zu hören, dass es ihm und seiner Familie so gut geht. 


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